Entscheidungen – Lang ist der Weg und beschwerlich

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Es ist nichts erbärmlicher in der Welt als ein unentschlossener Mensch, der zwischen zweien Empfindungen schwebt, gern beide vereinigen möchte und nicht begreift, dass nichts sie vereinigen kann als eben der Zweifel, die Unruhe, die ihn peinigen. (Johann Wolfgang von Goethe)

Ich habe momentan das Gefühl, an einem riesigen Scheideweg zu stehen. Ein Weg durchzogen mit Schlaglöchern und Unwegsamkeiten. Eingegrenzt von Bäumen mit massiven Kronen durch die gelegentlich die Sonne blinzelt, aber dennoch kann man den Schatten nicht ausweichen. Am Ende gabelt er sich und ich stehe unentschlossen davor. Links oder rechts, zurück geht nicht mehr. Beide Wege zeigen kein Licht am Ende. Ein Horizont ist nicht zu entdecken. Der eine ist glatt, eben, aber dennoch dunkel und karg. Der andere ist weiterhin kaum zu begehen. Wurzel ragen aus dem Boden, Steine liegen herum. Vermoderte, mit Moos bedeckte Wegweiser zeigen die Richtung. Schief und krumm stehen sie da, gezeichnet. Die eingebrannte Schrift ist kaum mehr lesbar. Auf dem Schild, das die Richtung auf dem leichteren zeigt, steht “Aufhören”. Das andere zeigt “Weitermachen”. 20 verwilderte Buchstaben. Sie kreisen im Kopf, verschwimmen, setzen sich wieder zusammen und geben doch kein klares Bild. Der Blick schwenkt hin und her, ich stehe wie angewurzelt, zu keiner Entscheidung fähig.

“Da steh’ ich nun, ich armer Thor. Und bin so schlau als wie zuvor.”

Warum stehe ich aber da und stelle momentan alles in Frage?

Es geht nicht direkt um eine einzelne Sache, aber eine einzige hat die Frage aufgeworfen. Das Knie hat diese Frage auf den Plan gebracht. Dabei geht es nicht nur um’s Knie, es geht um den körperlichen Zustand im Allgemeinen. Ich habe in den letzten Tagen mal zurückgeblickt und aufgeschlüsselt was alles nicht rund lief oder läuft seit ich mit dem Laufen wieder ernsthaft begonnen hatte. Dabei geht es um einen Zeitraum der sich auf ca. 1,5 Jahre beschränkt. Die Grafik im unteren Teil stellt das Ganze visuell dar.

Ich hatte keine schlechte letzte Saison und bin trotz Wehwehchen und Schmerzen schöne Wettkämpfe gelaufen. Ich dachte ich bin über den Berg, mehr oder weniger. Hüfte, Knöchel, Schultern gehören mittlerweile zum Alltag. Es beeinträchtigt mich nicht direkt, ist nur extrem nervig. Jetzt kommt noch das Knie hinzu. Ich bin nicht schwer verletzt, trotzdem ist da was das nicht ignoriert werden kann. Ich denke es tritt Besserung ein, vielleicht rede ich mir das aber auch nur ein. Eigentlich müsste ich das untersuchen lassen – eigentlich. Und da sind wir bei der Kernaussage oder beim Kernpunkt und warum ich vor dieser verdammten Gabelung stehe.

Ich bin es leid zum Arzt, Doktor, Physiotherapeuten oder Wunderheiler zu gehen. Ich habe keinen Bock mehr auf die ewig gleichen Wartezimmerwände, die immer gleichen Gesichter, die sich ständig wiederholenden Fragen. Es ist nicht so, dass ich nicht gern zum Arzt gehe. Ich kannte es bis vor kurzem nur nicht. Wartezimmer kannte ich nur vom hören sagen. Zweimal im Jahr zum Zahnarzt und das war es. Ich hatte nie Probleme, keine Wehwehchen, keine Grippe – nichts. Ich kann an einer Hand abzählen das ich außer der Reihe bei Doc war. Mitterweile muss ich die Füße mit dazunehmen und es reicht noch nicht um alles anzuzeigen.

Ich will doch nur laufen und kann es nicht – wie ich es möchte. Ist das eine überstanden oder wenigstens so weit das ich damit leben kann, lauert sicher schon das nächste Ding um die Ecke. Zumindest kommt es mir so vor und im Hinterkopf schlummert immer so ein Gedanke. Sicherlich sehe ich das Ganze im Moment sehr düster, wenn nicht sogar schwarz. Die Saison beginnt mal wieder besch***. Ich vermisse die langen Läufe, ich vermisse das Tempo, ich vermisse alles was mit dem laufen zu tun hat. Ich habe aber das Gefühl, dass ich nicht für das Laufen geschaffen bin. Vielleicht liegt es aber auch nur am Schuh, oder am Laufstil oder, oder,  oder was weiß ich. Ich habe keine Lust darüber nach zu denken.

Wie nun also weiter? Ich weiß es nicht. Ich werde am Mittwoch zur “Sportmedizinischen Untersuchung” gehen. Da habe ich Bock drauf, auch wenn das mein eigentliches Problem nicht beheben kann, aber vielleicht trägt das zu einer Entscheidungsfindung bei. Ich versuche dabei zu hoffen das das Knie mitspielt und wenn nicht… tja… dann eben nicht.

Möglichweise mache ich es mir nur zu einfach.

Das letzte Kapitel ist noch nicht geschrieben und aufgeben ist eigentlich auch nicht so meins.

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12 Kommentare zu „Entscheidungen – Lang ist der Weg und beschwerlich“

  1. Das klingt ja echt unschön. Ich kenne jetzt Deine Laufhistorie nicht genau, aber ich frage mich schon, ob „Ihr“ (die Ihr Euch mit hartnäckigen Beschwerden rumplagt) evtl. zu schnelle Fortschritte gemacht habt. Wenn ich lese, in welch kurzer Zeit manche in der Läufer-Blogosphäre vom Laufanfänger zum Ultra werden und das dann mit meiner Lauf“karriere“ von zehn Jahren vergleiche, wird mir schwindelig. Aber vielleicht ist eine langsame Entwicklung auch eine gute Basis für ein dauerhaft unbeschwertes Laufvergnügen. Wie gesagt: Nur ein Gedanke, keine Kritik.

    Ansonsten lese ich gerade „Running and being“ von Dr. George Sheehan. Sein Mantra: Listen to your body. Damit liegt man eigentlich nie falsch … außer vielleicht im Wettkampf. 🙂

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    1. Wahrscheinlich oder sogar mit Sicherheit triffst du da einen Punkt der eine entscheidende Rolle spielt. Zu schnell zu viel wollen. Geduld war noch nie eine Stärke. Der Preis dafür ist hoch. Deinen Buchtipp schaue ich mir mal an. Dankeschön 😊

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  2. Ja was soll ich sagen, ich hab das ganze vor kurzem Laufabgrund genannt. Man steht vor dem Abgrund… guckt hinunter und man wird wie magisch angezogen davon einfach mal einen Scheiß zu müssen … nicht dehnen, nicht rollen, kein Physio, nicht zum Arzt, keine Pause, keine Nahrungsergänzungsmittel, kein Voltaren, keine Schmerzen!

    Ich werde mich hüten Tipps zu geben – halte mich ja selbst nicht dran. Für mich hab ich jetzt einen Fahrplan festgelegt wie es weiter gehen soll, sobald endlich die erste Stufe erklommen ist. Laufanalyse, Dysbalancen beseitigen, abwechslungsreicher trainieren (obwohl ich dachte das zu tun). Ich will nicht aufgeben … aber ich bin immer noch sehr nahe an meinem Laufabgrund.

    Ich hoffe du triffst eine gute Entscheidung für Dich und wirst wieder fit.

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    1. Stimmt, ich kann mich an deinen Artikel erinnern. Heute schauen wir in den Abgrund und morgen sind wir schon einen Schritt weiter 😉 soweit wird es hoffentlich nicht kommen. Das Feuer brennt noch. Das mit den abwechslungsreicher trainieren muss mir auch hinter die Ohren schreiben. ;/ Danke dir und weiterhin viel Erfolg auf deinem Weg. 😊

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  3. Auf keinen Fall aufgeben! Weitermachen! Ich glaube, ich kann Dich ein bisschen verstehen. Ich habe auch ehrgeizige Ziele im Laufsport und musste 2015 merken, dass ich an meine Grenzen gerate. Ein zu hohes Pensum, zu starkes Tempotraining… Das alles neben der Arbeit schafft mein Körper nicht so richtig bzw. nur in Teilen. Irgendwann sagt er „Stop!“ Aktuell kämpfe ich auch mit Knieproblemen. Dabei habe ich eine Achillessehnenproblematik und überhaupt muskuläre Probleme gerade erst hinter mir. Das Knie scheint auch muskulär bedingt zu sein.

    Ich habe daher beschlossen, es in der ersten Jahreshälfte ein wenig lockerer angehen zu lassen. Denn ich habe mich daran erinnert, warum ich einst mit dem Laufen begonnen habe: Ich hatte einfach Spaß dran, nach Feierabend den Kopf frei zu bekommen. Deshalb habe ich mein ehrgeiziges Ziel, einen Frühjahrsmarathon zu laufen, gestrichen. Ich laufe jetzt in der ersten Jahreshälfte 2016 einfach zum Spaß und ohne konkreten Trainingsplan. Wenn ich Lust auf Tempo habe, ziehe ich an, wenn ich merke, dass ich muskuläre Probleme habe, richte ich mich danach. So bleibe ich fit und entscheide im Sommer neu, wie es in der 2. Jahreshälfte weitergeht.

    Ich drücke Dir die Daumen!

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    1. Vielleicht setze ich mich tatsächlich zu viel unter Druck. Mit der Brechstange wird das defintiv auch nichts und geht nur nach hinten los. Wettkämpfe lassen sich nachholen. Schön das du das eine überstanden hast und das Knie wird auch wieder. ☺

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  4. Ach du… du bist nicht alleine. Ich bin das beste Beispiel dafür, dass alles irgendwie in die Hose gehen kann. Und dennoch… das damals waren auch keine Zustände mit dem Knie. 9 vom 10 Fälle sind alle wieder auf der Strasse und laufen, nur ich wandere noch mal in den OP 😉 Was also machen? Würde ich es wieder machen?
    Ja
    Denn ich sagte damals: Das Universum wird entscheiden, ob ich wieder auf die Strasse gehe oder nicht. Im Moment sieht es eher nach „nicht“ aus.
    Aber ich habe den Kraftsport. Das Rennrad irgendwann wieder. Wäre das nicht eine Alternative? Als Psychohygiene… wie ich es immer bezeichne, also die langen Ausdauereinheiten oder auch die schnellen Läufe.
    Was mir geholfen hat ist einfach der Gedanke, dass es irgendwie weiter gehen wird. Manchmal muss man auch mal mental los lassen. Wir sind es gewohnt, Ziele zu machen und zu erreichen. Auf eine tolle Saison soll eine weitere folgen. Aber unser Körper hat da noch ein Wörtchen mit zu reden. Wir ignorieren ihn und seine Stimme/Einwände gerne mal … was dann bei raus kommt, das sieht man an meinem Beispiel ganz gut 😉
    Du bist nicht der einzige Läufer hier, der solche Gedanken hat – Daniel von http://www.endurange.com geht es ähnlich. Da ist es die Hüfte…
    Also… mach deinen Frieden mit dir, gehe wieder ans Eisen und mache den Frieden damit, dass in nächster Zeit keine langen Läufe mehr stattfinden …. nur noch Genussläufe ….Nachdem ich das gemacht habe, ging es mir besser. Ich habe 43 Jahre ohne Laufen gelebt. Es war ein „Nice to make“… nur manchmal kann man es sich nach einer Weile nicht mehr (körperlich) leisten….
    Ich hoffe du bist nicht sauer über den Kommentar. Ich hatte heute den Tagesspruch… der passt wie die Faust aufs Auge… „Wenn du eine Entscheidung treffen sollst, und du triffst sie nicht,
    ist das auch eine Entscheidung.“

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    1. Wie könnt ich sauer sein, findest du doch immer die richtigen Worte. Ein wenig Ablenkung kommt durch den Eisensport. Da bin ich nach wie vor mit Freude dabei. Dem Daniel seine Artikel sind mir wohl bekannt 😉 auch scheint nicht aufzugeben. Und dein Knie wird auch bald wieder. Ich drücke dir defintiv den Daumen. 🙂

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  5. Das Gefühl kenne ich nur zu gut. Bei mir ist es wohl vorerst überstanden mit der Sehne. Aber man fragt sich schon was ist, wenns eben nicht mehr gut wird. Ich wünsche dir jedenfalls, dass du mal einen Glückstreffer landest was die Therapie angeht. Bei mir hat übrigens die Stoßwellentherapie was gebracht – also vermeintlich – vielleicht hast du die noch nicht probiert!

    Gute Besserung!

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  6. Durchhalten! Auch wenn man manchmal das Gefühl hat nicht mehr zu können. Die Knie „zimperleinen“ bei mir aktuell auch massivst, so dass ich nächsten Montag doch mal den Weg zum Orthopäden antreten werde. Mal sehen, was er sagt.

    Dir ein ganz dickes *daumendrück*

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